Der Mann im dunkelblauen Hemd und die Frau im hellblauen Pullover
by sorrow on Jun 19th in Rows
Sie zuppelt an ihrem blauen Pulli rum um ihm zu zeigen boa ich bin voll, er schaut nicht nach oben und isst weiter. Beide schweigen sich an. Sie macht einen verstohlenen Blick zur Seite in dem Moment der fixierten Augen seinerseits auf das Essen. Sie schaut zurück zu ihm, ihre Mundwinkel verraten, sie ist ein wenig angewidert. Liegt es an seinem Essen oder Kauen oder vielleicht auch nur weil sie selbst so voll ist. Kennt ihr das Gefühl zu viel gegessen zu haben und wenn man dann Leute sieht die Essen kommt es einem fast hoch? Jedenfalls so ist es bei mir. Nun aber zurück zu den beiden. Sie durchbrich die Stille und fängt zum zweiten mal ein Gespräch an auf das er nur mit einem Schluck aus dem Hefe Glas reagiert. Man könnte meinen die beiden wären alt und da wär es ja ok. Nur ist das nicht so. Sie sehen aus wie irgendwas zwischen 30 und 40. Er nickt nur oder erwidert ein Wort. Ich sitze zwar etwas entfernt aber ich kann aus der Situation aufnehmen das sie versucht ein Gespräch über das Essen über sein Essen anzufangen. Und wie es bei einem eher konservativem Pärchen so ist, zückt sie sobald er aufgegessen hat, nein das ist falsch sobald der die Gabel weggelegt hat und den Mund noch voll hat natürlich was – sein Portmonee und verschwindet aufs Klo. Er saß die gesamte Zeit gekrümmt vor seinem Essen und hatte eine verhärtete Miene, gerade als sie nicht da ist sieht er wesentlich entspannter aus. Sich die Frage zu stellen, wer war er oder sie vorher und wie sind sie zusammengekommen, wäre interessant zu wissen, das kann ich leider nicht klären. Meine Hemmung hier direkt nachzufragen ist doch zu groß. Wenn man beide anspräche ob sie glücklich sind und man selbst wäre der Fremde, würden beide bejahen. Das ist eine Ironie, vielleicht haben sie sich verdient, vielleicht aber haben beide aufgegeben und sich mit der Situation arrangiert – der ewige Bund und so –, vielleicht lieg ich auch falsch und sie sind es tatsächlich – also glücklich meine ich. Ich konnte während ihres Essens nur eine Art leere erfassen, die beide umtreibt. Vielleicht gab es kurz vorher auch einfach nur Streit.
Jedenfalls stellt sich mir die Frage ist es gut oder angenehm ein Strukturiertes Leben (konservativ) zu führen? Klar die Vorteile liegen auf der Hand, der eine kann sich immer auf den anderen verlassen. Man hat einen geregelten Tagesablauf, spart Geld, plant seinen Urlaub bereits ein Jahr im voraus. Hat einen stubenreinen Freundeskreis, man weiß wann man einmal im Jahr ne Party für Freunde gibt.
Für mich ergibt sich ein Nachteil, das Feuer und Abenteuer stirbt. Das unvorhergesehene wird zur geplanten Realität auf die man vorbereitet ist. Ein Stückweit gefällt mir die Art so zu Leben, aber auch nur solange bis ich mich ausgeruht habe um wieder neues Feuer zu entfachen.
In diesem Sinne, noch ein schönes Restleben ihr zwei.